the Trevor Marshall-"Hoax"

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(work in progress  - this page will be translated in Englich in some days, please visit us later)

Trevor Marshall kann es nicht lassen: Immer wieder macht er Vitamin D nebst dem Vitamin D-Rezeptor (VDR) zum Prügelknaben seiner Theorien über die Verursachung von Autoimmunkrankheiten wie Hashimoto-Thyreoditis und Multipler Sklerose.

Dies ist bizarr und widersprüchlich, denn klinische Studien konnten stets einen Vorteil für Patienten mit Multipler Sklerose beim Einsatz von Vitamin D beobachten. (PMID: 21154396, 21047880, 2080599, 20695012, 20530326 u.s.w.). Die Begünstigung durch einen Mangel an Vitamin D wurde jetzt noch in einer Studie in Finnland bestätigt (PMID: 20935028)

Daher sehe ich ebenso wie meine Kollegen die Konzepte von Trevor Marshall von der Murdoch University, Western Australia als wissenschaftlichen HOAX (Scherz, der zum unausrottbaren Dauerbrenner wird). Als "Gegenposition" geistert diese Theorie seit Jahren durch das Internet.  Der Original-Artikel von Marshall T. erschien in: Autoimmun Rev. 2009 Jul,8 (8):639-44. Epub 2009 Feb 12.:  "Vitamin D: the Alternative Hypothesis" PMID: 19393200)

Selbst das Focus-Magazin ist in seiner Online-Ausgabe diesem Hoax der Wissenschaft aufgesessen. Der Focus-Artikel erhebt mit unkritischer Berichterstattung die Meinung eines überall abgelehnten Außenseiters in den Mittelpunkt der Diskussion "Autoimmunkrankheiten Vitamin D verstärkt das Leiden".

In der Folge erhalte ich fast täglich Anfragen von verunsicherten Patienten, die den Unsinn nicht sofort durchschauen. Dies ist auch der Grund, warum ich (leider) über Marshall schreiben muss. Das Focus-magazin verbreitet solche journalistischen Texte:

"Unbekannte Eindringlinge. Dieser Effekt ist sehr wichtig, denn erst kürzlich wurde bekannt, dass geschätzte 90 Prozent der Körperzellen nicht menschlich sind. Die Menge an Bakterien im Körper ist also immens." (Zitat Ende).

Es wäre in Ordnung gewesen, wenn man den Artikel überschrieben hätte:  "Australier glaubt: unser Körper ist zu 90% von Aliens verseucht"

Was behauptet T.Marshall?

 

Da Unsinn immer mehr verwirrt als die Wahrheit, erlauben Sie mir noch einmal die in Kurzfassung des Marshall-Hoax:

Keiner der drei Schritte ist belegt.

Dazu gibt es keine Experimente, keine Fallberichte, keine Antikörper-Nachweise. Für eine Hypothese ist das eine sehr wackelige gedankliche Konstruktion. In der Fachwelt fand
diese Gedankenführung keinen Wiederhall: Immerhin sind seitdem über 5000 Publikationen über Vitamin D erschienen, die auf ihn hätten Bezug nehmen können! Die Publikation von Trevor Marshall wurde seitdem nur ein einziges Mal zitiert und zwar als Artikel, des das in Frage stellt.

Daher kann das auf diesem sumpfigen Untergrund basierende "Marshall-Protokoll" zur ärztlichen Therapie von Autoimmunkrankheiten nur als Konstrukt bezeichnen. In www.pubmed.gov gibt es keine einzige Publikation zu einer solchen Therapie, nur diesen einen Leserbrief, der das alles hinterfragt. Angesichts der von Marshall empfohlenen breiten Anwendung auf alle möglichen Autoimmunkrankheiten ist das sehr verwunderlich. Es belegt das Kopfschütteln der ganzen Fachwelt.

Stets wird das patentierte Blutdruckmittel Olmesartan in den Mittelpunkt dieses Protokolls gestellt. Dieses an sich recht gute Blutdruckmittel wirkt möglicherweise deshalb so nebenwirkungsarm gegen Blutdruck, weil es tatsächlich als Vitamin D-Analogon auf den Vitamin D-Rezeptor (VDR) wirkt. So weit, so gut. Man kann tatsächlich über den VDR auch mit hohen Vitamin D-Spiegeln den Blutdruck nach meiner Erfahrung um 10-20 Punkte senken. Das kann man jeden Sommer an Patienten als Natur-Therapie beobachten.

Warum aber soll nicht wie seit vielen Millionen Jahren aktiviertes Vitamin D den Rezeptor stimulieren? Warum muss es unbedingt das synthetische Olmesartan sein? Das natürliche Vitamin D wird bei Marshall den Protokoll-Patienten vorenthalten und durch ein synthetisches Mittel ersetzt. Die Effekte, die dann erfolgen, basieren dann aber weiterhin auf dem Rezeptor-Kontakt. Nur diesmal durch ein anderes Mittel, das dank Patentschutz richtig viel Geld einbringt. Wenn das Marshall-Protocol (MP) letztlich mit dem Vitamin-Rezeptor zusammenarbeitet, dann wird nur mit riesigem Aufwand das altbekannte Stück unter neuem Namen aufgeführt. Der Unterschied, ist die verbesserte Rendite. So wird sogar verständlich, dass die Patienten auf das MP nicht nur mit Verschlechterung reagieren.

Es heisst dort in der Beschreibung des Protokolls: "Das MP verwendet die viermal tägliche Gabe von Olmesartan-(medoxomil), um den Vitamin D Nuclear Receptor (VDR) zu reaktivieren und in diesem Prozess die bakteriellen Liganden zu verdrängen"

Wo sind die "bakteriellen Liganden" des VDR? Wo kommen Sie her, wieso hat noch niemand diese Gespenster der Biochemie gesehen. Diese müssen eine Vitamin D-ähnliche Struktur haben, sind aber allen anderen Forschern noch nie über den Weg gelaufen. Wieso hat T. Marshall keine Angst davor, dass er mit Olmesartan über den VDR genau das macht, wovor er bei Vitamin D warnt, nämlich eine "Immunsuppression" zu bewirken.

Wenn wir den Begriff der Immunsuppression mit dem Begriff eines Bremssystems vergleichen, so erkennen wir sofort, dass eine Bremse nicht deshalb gut ist, weil sie die ganze Zeit ohne Unterlass bremst. Eine Bremse ist nur dann gut, wenn sie immer wieder in der passenden Situation funktioniert. Genau so benötigen wir die Immunsuppression in der Biochemie: Immer wieder, aber nicht ständig. Angesichts der natürlicherweise ständig stark schwankenden Werte des aktiven Vitamin D (1,25-OH-Cholecalciferol) erkennen wir ein solches regulierendes System. Die Behauptung des T. Marshall , Vitamin D würde eine generelle "Immunsuppression" bewirken, ist schlichtweg zu undifferenziert.

Gerade dieser Begriff der Immunsuppression ist die argumentative "Allzweckwaffe" im logischen Eiertanz des Trevor Marshall. Wenn Multiple Sklerose und Hashimoto-Thyreoiditis Autoimmunerkrankungen sind, dann geht es hier doch hier um ein zu hochtouriges Immunsystem. Wünschenswert ist dann doch ein Abbremsen, eine Immunsuppression. Marshall argumentiert aber gerade mit der "Immunsuppression des Vitamin D" gegen Vitamin D - was soll das? Soll hier nur billig gegen teuer getauscht werden?

Ihr

Dr. med. Raimund von Helden

P.S.: ein klares und logisches Konzept, das weder Bakterien-Invasionen noch Olmesartan(R) benötigt finden Sie in meinem Protectosteron-Konzept: Vitamin D in aktiver Form reguliert und schützt. Vitamin D-Mangel führt zum Versagen des Systems. Lassen Sie sich nicht hinters Licht führen!



Nähere Auseinandersetzung mit dem englischen Original-Text:

Schon der Titel spricht von einer Hypothese, wir haben es also mit einem unbewiesenem Konstrukt zu tun.

Im Original liest sich das so:"the possibility that autoimmune disease is bacterial in origin."

Im weiteren wird Vitamin D dann ohne jede Benennung von Fakten belastet: "may influence disease progression". Woher in aller Welt weiss der Autor das alles?

Im letzten Satz seines Abstracts vollzieht er einen gedanklichen Salto:
"While this results in short-term palliation, persistent pathogens that may influence disease progression, proliferate over the long-term." Das ist die Aussage von Trevor Marshall.

Also noch einmal Schritt für Schritt:
"While this results in short-term palliation,"... soll heissen Vitamin D hilft nachweislich gut, T. Marshall sieht das aber als palliativ, unklar warum er dieses Wort benutzt.

"... persistent pathogens that may influence disease progression,..." soll heissen, jetzt kommen angesichts einer mangelnden Abwehr die Bakterien aus ihrem Versteck (wo ist das?).

schließlich: "...proliferate over the long-term." soll heissen die Bakterien gedeihen aus unerklärten Gründen offenbar prächtig. Wo sind sie?

Die Logik der Theorie wird sein Geheimnis bleiben ebenso wie seine nirgends beachtete Theorie: "Autoimmunkrankheit durch Bakterien". Die Publizität dieser abstrusen Theorie wird ganz vorrangig dadurch gestützt, dass Vitamin D so viel Lob bekommen hat, dass es für Journalisten schon wieder die passende "Fallhöhe" hat. Es wird jetzt öfter gelesen, wenn jemand Vitamin D schlecht macht.